Vereinsgründung und Ziele
Bereits kurz nach seinem Regierungsantritt begann der historisch interessierte und auch versierte bayerische König Ludwig I. sich Gedanken darüber zu machen, wie die nach dem Ende der Napoleonischen Zeit neu entfachte und durch die Romantik vertiefte patriotische Begeisterung im Königreich politisch zu nutzen sei. Eduard von Schenk, der spätere Innenminister, riet dem König dazu, die Untertanen zur Beschäftigung mit der eigenen Geschichte zu ermuntern. Ludwig I. nahm die Anregung umgehend auf. Sein Kabinettsbefehl vom 29. Mai 1827 gilt nicht nur als der Beginn einer staatlich geförderten bayerischer Denkmalpflege, sondern zugleich auch als ein Aufruf zur Gründung von Geschichtsvereinen: „[…] Wir aber die Erhaltung solcher Denkmale zur Belebung des Nationalgeistes, zum Studium der vaterländischen Geschichte und zur Verbreitung der Kunde derselben unter dem Volk für vorzüglich wichtig erachten.“
Gemäß diesem Königswunsch bildeten sich ab 1830 auf der Ebene der heutigen Regierungsbezirke Zusammenschlüsse von Geschichts- und Kunstinteressierten, die zumeist von den jeweiligen Regierungspräsidenten veranlasst waren. Neben höheren Staatsbeamten wurden auch bald adelige Gutsbesitzer, Pfarrer und vor allem Lehrer zur Mitarbeit in den Historischen Vereinen gewonnen. In München bildete sich im Juni 1830 der „Historische Verein für den Isarkreis“, der schon bald 166 Mitglieder zählte, jedoch in der Folge keine rechte Wirkung entfaltete.
Die durch König Ludwig I. im November 1837 vorgenommene neue politische Einteilung der Regierungsbezirke Bayerns nach Stammesnamen und die Gewährung historisierender Wappenbilder war eine äußerst kluge Maßnahme, stärkte sie doch das Bewusstsein für den regionalen Eigenwert innerhalb des Gesamtstaates. Auch in München zeitigte der neue Nationalstolz umgehend die gewünschte Wirkung: „Die Bewohner des bisherigen Isarkreises brachten in der Bildung eines neu constituirten historischen Vereins für Oberbayern dem Vater des Landes den schönsten Dank für die Wiederverleihung des alten Panners vaterländischen Ruhmes!“ Am 11. Dezember 1837 traten zwanzig Geschichtsfreunde zusammen, um den Verein neu zu beleben, einen Ausschuss zu wählen und die künftigen Statuten zu beraten. Wirksam zu werden gedachte man durch Mitgliederversammlungen, durch die Herausgabe gedruckter Veröffentlichungen und den Aufbau von Sammlungen. Seinen ersten Sitz erhielt der Verein in der Alten Akademie an der Neuhauser Straße.
Da sich die seit 1831 um Ludwig Schwanthaler bestehende „Gesellschaft für deutsche Alterthumskunde zu den drei Schilden“ bereit erklärte, ihre Mitglieder und ihre Sammlungen in den neu begründeten „Historischen Verein von und für Oberbayern“ einzubringen, gehörten diesem Ende 1838 bereits 273 Mitglieder an. Das Siegelbild des Vereins entspricht dem der damals aufgelösten Vorgängerinstitution (unter einem von Blau und Silber gespaltenen Schildhaupt, zwei zu eins gestellte Schilde).
Laut Statuten hatte sich der Verein das „Erforschen und Bewahren des historischen Stoffes“, die „Läuterung und Verbreitung des Gewonnenen […] für Belehrung, sittliche Erhebung und Belebung des Nationalgefühls“ und schließlich das „Bestreben, in der gegenwärtigen Generation geschichtliche Bildung auch für das Leben und den praktischen Beruf eines Jeden zu fördern“, zum Ziel gesetzt (Vereinsstatuten 1837/38). Und tatsächlich wurde, wie der 1839 erschienene erste Jahresbericht des Historischen Vereins von und für Oberbayern belegt, bereits im ersten Jahr voller Enthusiamus ans Werk gegangen. Der ebenfalls 1839 erschienene erste Band des „Oberbayerischen Archivs für vaterländische Geschichte“ war der Auftakt zu einer bis heute bestehenden Publikationsreihe, die in mittlerweile rund 1.200 Beiträgen historische und kunsthistorische Themen aus dem Vereinsgebiet beleuchtet. Die hier veröffentlichten orts- und familiengeschichtlichen Beiträge, Biografien, kunsthistorischen Darstellungen, rechtsgeschichtlichen Abhandlungen, Quelleneditionen und Fundberichte geben nicht nur Einblick in das weitgespannte Arbeitsfeld des Historischen Vereins von Oberbayern, sondern zeugen auch vom Fleiß seiner Mitglieder. Das Oberbayerische Archiv ist bis heute die einzige wissenschaftliche Zeitschrift, die sich ausschließlich oberbayerischen Themen widmet.
Inhaltsverzeichnis aller Bände (Stand: 2022)
Der Jubiläumsband zum 175-jährigen Bestehen des Vereins (Oberbayerisches Archiv 136, 2012) widmet sich der Vereinsgeschichte und den äußerst wertvollen Sammlungen des Vereins.
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